Insights | Kapitalmärkte

Reflexionen Q4 2025

In der neuen Ausgabe unserer Kapitalmarktpublikation erläutern wir unsere Einschätzung der aktuellen Situation an den Finanzmärkten und diskutieren spezifische Chancen und Risiken der einzelnen Anlageklassen.

Oktober 2025

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Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

Trump poltert weiterhin an allen Fronten – und dennoch steigen die globalen Aktienmärkte unbeirrt auf neue Rekordstände. Selbst der traditionell schwache Börsenmonat September hat viele Investoren, die auf eine saisonale Korrektur gesetzt hatten, eines Besseren belehrt.

Es sind erneut die US-Tech-Giganten, die nach einer kurzen Verschnaufpause im ersten Quartal den US-Aktienmarkt nahezu unaufhaltsam dominieren. Haupttreiber bleibt das Thema Künstliche Intelligenz (KI), das durch solide Gewinnentwicklungen in diesem Bereich zusätzlich untermauert wird. Auch die Zinssenkungshoffnungen in Bezug auf die US-Notenbank fungieren als willkommener Schmierstoff für den Aktienmarktmotor.

Vor diesem Hintergrund ist die Stabilisierung des US-Dollars im letzten Quartal bemerkenswert – trotz anhaltender Diskussionen rund um die hohe Staatsverschuldung, die zuletzt jedoch keinen zusätzlichen Abwärtsdruck auf den Greenback ausgeübt hat. Für europäische Investoren hat sich das Engagement in US-Aktien und dem US-Dollar somit wieder ausgezahlt.

Ebenfalls positiv zeigt sich die Entwicklung beim Gold. Die Beimischung des Edelmetalls sorgt bei vielen Investoren für gute Stimmung. Die aktuelle Dynamik ist dabei keineswegs aussergewöhnlich: Bereits der Gold-Bullenmarkt der 1970er-Jahre sowie der Zyklus ab 2001 dauerten jeweils rund zehn Jahre – und wiesen eine vergleichbare Stärke auf. Ob die Entwicklung in diesem Ausmass fortgesetzt werden kann, erläutert Oliver Watol, unser Chefstratege für Alternative Anlagen, in seinem Beitrag im Detail. Dabei geht er auch auf die wachsenden Zweifel an der Unabhängigkeit der US-Notenbank ein.

Mit Stephen Miran, dem von Trump eingesetzten neuen Fed-Gouverneur, und seiner unkonventionellen wirtschaftspolitischen Ausrichtung sind die Sorgen über eine mögliche Politisierung der US-Geldpolitik nicht unbegründet. Ein guter Grund, dieses Thema genauer zu beleuchten.

In dieser Ausgabe lohnt sich daher ein Blick in den Sonderbeitrag «Im Fokus: Zur Unabhängigkeit der amerikanischen Zentralbank“ von unserem Chefökonomen Dr. Jörn Quitzau.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen der aktuellen Ausgabe unserer Reflexionen!

Mit freundlichen Grüssen
Maximilian Hefele
Stellvertretender Chief Investment Officer

Kompass

Die Wirtschaftspolitik von Donald Trump bleibt sprunghaft. Auch wenn die US-Regierung inzwischen mit vielen Ländern «Handels-Deals» mit moderateren Zollsätzen geschlossen hat, bleiben für mehrere Staaten – vorerst – sehr hohe Zollsätze für Exporte in die USA bestehen (u.a. Schweiz 39 %, Kanada 35 %). Mit China wurde die Zollpause Mitte August um 90 Tage verlängert. Auch nach Abschluss der «Deals» bleibt fraglich, wie verlässlich die Vereinbarungen von amerikanischer Seite sind. Donald Trump sorgt zudem mit dem massiven Druck auf die Zentralbank für negative Schlagzeilen. Insgesamt wird die Wirtschaftspolitik der Trump-Regierung zu einer Belastung. Die Konjunktur kühlt inzwischen ab. Allerdings dürften sich die negativen Folgen des eingeschlagenen wirtschaftspolitischen Kurses vor allem langfristig und auch ausserhalb der USA bemerkbar machen. In Europa wird die Finanzpolitik expansiver, u.a. wegen der steigenden Verteidigungsausgaben. Die schwächelnde Konjunktur der Eurozone erhält dadurch einen positiven Impuls. Auch die Zolleinigung könnte etwas mehr Sicherheit bringen. Es bleiben aber strukturelle Probleme, die das europäische Wachstum begrenzen. Frankreichs Haushaltsprobleme sind ein latentes Risiko, das zu einer Belastung der Währungsunion werden kann. Auch die hohen Haushaltsdefizite und Staatsschulden in den USA können zu einem grösseren Thema für die Finanzmärkte werden. Dies wäre besonders dann der Fall, wenn Donald Trump die Verlässlichkeit der USA weiter beschädigt.

Die Inflationsdaten ergeben ein gemischtes Bild. In der Schweiz liegt die Teuerungsrate seit über zwei Jahren fast durchgehend wieder im Zielbereich (0 – 2 %) der Schweizerischen Nationalbank (SNB). In der Eurozone ist die Inflationsrate mit 2,2 % in der Nähe des EZB-Ziels. Dagegen liegen die Inflationsraten in den USA und in UK deutlich oberhalb von 2 %. Die Notenbanken haben auch auf künftige, zollbedingte Preissteigerungen zu achten. Angesichts des zunehmenden politischen Drucks auf die Fed und der konjunkturellen Abkühlung hat die Fed den Leitzins im September gesenkt. Zwei weitere Zinssenkungen à 25 Basispunkte sind bis Jahresende wahrscheinlich. Die EZB, die Schweizer Nationalbank und die Bank of England dürften die Leitzinsen hingegen vorerst und wohl bis Ende 2025 konstant halten.

Der Russland-Ukraine-Krieg geht weiter. Die Verhandlungen haben noch immer nicht zu einem Ergebnis geführt. Unterdessen provoziert Russland die NATO-Staaten mit unterschiedlichen Aktionen. Zuletzt verletzte Russland mehrfach den Luftraum des NATO-Gebietes. Auch die Krisenherde in anderen Regionen der Welt schwelen weiter.

Volkswirtschaft: USA und Europa auf unterschiedlichen Wegen

Europa und die USA schöpfen ihre Wachstumspotenziale – aus sehr unterschiedlichen Gründen – nicht aus. Europa hat sich mit regulatorischem Eifer verzettelt und sucht noch nach Wegen, auf die Herausforderungen unserer Zeit zu reagieren. Oft präsentieren sich die europäischen Länder als kaum noch reformfähig (z.B. Frankreich und Deutschland). Gelingt Bundeskanzler Friedrich Merz mit dem von ihm ausgerufenen «Herbst der Reformen» in Deutschland eine Überraschung? Oder verpufft die vielleicht letzte Chance auf grundlegende, wachstumsfreundliche Reformen?

Die amerikanische Regierung setzt dagegen auf disruptive Politik. Dabei schiesst sie allerdings nicht nur über das Ziel hinaus, sondern oft auch auf die falschen Ziele. Neben der Zollpolitik sind hier inzwischen auch die Angriffe auf die Unabhängigkeit der Notenbank Fed zu nennen. Pikant ist, dass US-Präsident Donald Trump inzwischen seinen Wirtschaftsberater Stephen Miran als Gouverneur zur Fed schicken konnte. Miran vertritt unkonventionelle ökonomische Auffassungen, zum Teil weit abseits des ökonomischen Mainstreams. Künftige Diskussionen im Zentralbankrat dürften lebhaft verlaufen. Zusammen mit dem anhaltend hohen politischen Druck durch Donald Trump dürfte die Geldpolitik der Fed künftig im Zweifel eher locker ausfallen.

Aktien: Aktienmärkte bleiben im Aufwärtstrend

Die globalen Aktienmärkte präsentieren sich derzeit freundlich, getragen von robusten Unternehmensgewinnen in den USA und einer anhaltenden Nachfrage nach KI-Investments. Die US-Fed hat im September eine Zinssenkung um 25 Basispunkte vorgenommen und damit den Lockerungszyklus fortgesetzt; weitere Schritte sind wahrscheinlich, was insbesondere zinssensitive Segmente unterstützt. Analysten erwarten für den S&P 500 ein Gewinnwachstum von rund 11 % im laufenden Jahr, während Europa aufgrund politischer Unsicherheiten und schwächerer Daten stagniert.

Der S&P 500 markiert dank der «Magnificent 7» und solider Nebenwerte regelmässig neue Höchststände, ohne grössere Rückschläge.  Parallel hat sich die Anlegerstimmung aufgehellt: Optimismus nimmt zu, Rücksetzer werden konsequent als Kaufgelegenheiten genutzt, und die Liquidität bleibt unterstützend. Trotz ambitionierter Bewertungen sprechen die fundamentale Lage und geldpolitische Unterstützung dafür, dass das Abwärtspotenzial an den globalen Aktienmärkten derzeit begrenzt erscheint.

Anleihen: Zwischen Defizitsorgen und Renditejagd: Anleihemärkte in Bewegung

Obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) keine weiteren Zinsschritte unternahm, zeigten sich deutliche Bewegungen in den Zinsstrukturkurven europäischer Staatsanleihen. Zum einen wuchsen die Sorgen über steigende Haushaltsdefizite und eine zunehmende Staatsverschuldung – mit der Folge, dass Regierungen verstärkt neue Anleihen emittieren dürften. Besonders im Fokus steht Frankreich, dessen Haushaltspolitik zunehmend Zweifel an der fiskalischen Disziplin aufkommen lässt.

Auf der anderen Seite des Atlantiks setzte sich in den USA nach längerer Pause der Zinssenkungspfad fort – ausgelöst vor allem durch schwächere Arbeitsmarktdaten. Dieser Schritt war jedoch vom Markt bereits seit Monaten erwartet worden, sodass die Reaktion an der Treasury-Kurve eher verhalten ausfiel. Der überraschend robuste Konjunkturverlauf in den USA, eine abwartende Haltung der EZB sowie die Zinssenkung der Fed trafen auf eine anhaltend hohe Nachfrage nach festverzinslichen Anlagen und liess die Risikoaufschläge deutlich schrumpfen.

So fielen beispielsweise die durchschnittlichen Kreditrisikoprämien von US-Investment-Grade-Anleihen gegenüber Staatsanleihen auf den niedrigsten Stand seit 1997. Diese Entwicklung ist nicht nur statistisch bemerkenswert, sondern auch Ausdruck eines Marktumfelds, in dem Anleger bereit sind, für Unternehmensanleihen einen immer höheren Preis zu zahlen.

Alternative Investments: Gold auf Rekordkurs

Mit einem Anstieg von mehr als 45% auf über USD 3’800 je Feinunze markierte das Edelmetall Rekordstände in nahezu allen wichtigen Währungen. Getrieben wird die Rally von anhaltenden Zentralbankkäufen, insbesondere in Schwellenländern, die ihre Abhängigkeit vom US-Dollar reduzieren wollen, sowie durch geopolitische Spannungen, den globalen Zollstreit und einen schwächeren Dollar. Zusätzliche Unterstützung kam von der US-Notenbank, die nach Powells Rede in Jackson Hole im September erstmals seit Ende 2024 die Zinsen senkte, was die Opportunitätskosten von Gold weiter verringerte. Auch die lockere Geldpolitik anderer Zentralbanken und steigende Allokationen privater Anleger trugen zur Dynamik bei.

2025 erweist sich für Wandelanleihen als Ausnahmejahr

Getragen von tiefen Kreditaufschlägen, erhöhter Aktienvolatilität, insbesondere rund um den Liberation Day, sowie attraktiven Emissionskonditionen und einer regelrechten «Primärmarkt-Renaissance» rückt die Anlageklasse zunehmend in den Fokus. Vor allem kleinere und mittelgrosse Unternehmen, unterstützt durch die jüngste Stärke von Nebenwerten, prägen das Marktgeschehen. Das rekordhohe Emissionsvolumen unterstreicht, dass Firmen diese Finanzierungsform verstärkt nutzen, selbst ohne unmittelbaren Kapitalbedarf. Für Investoren entsteht dadurch ein deutlich erweitertes Anlageuniversum mit attraktiven Einstiegsmöglichkeiten in innovative, wachstumsstarke Unternehmen.

Währungen: Die Schwäche des US-Dollars hält an

Der US-Dollar bleibt nach dem schwächsten ersten Halbjahr seit 1973 weiter unter Druck. Mit ihrer Zinssenkung im September reagierte die US-Notenbank Fed auf eine abkühlende Wirtschaft, während zusätzlicher Druck von Präsident Trump die Unabhängigkeit der Notenbank zunehmend infrage stellt und den Dollar belastet.

In der Eurozone erhält die Konjunktur durch eine expansivere Fiskalpolitik und positive Signale im Handelsumfeld einen stabilisierenden Impuls. Davon konnte der Euro zuletzt profitieren. Der Schweizer Franken trotzt dem Zollhammer und bleibt in einem von Unsicherheiten geprägten Umfeld gefragt. Die Schweiz überzeugt dabei mit politischer Stabilität, einer weiterhin robusten Wirtschaft, einer geringen Staatsverschuldung sowie durch grosses internationales Vertrauen.

Während die Inflation in der Schweiz seit längerem besiegt ist, liegt die Teuerungsrate in Grossbritannien noch immer deutlich über dem 2%-Ziel der Bank of England. Dies bereitet weiterhin Sorge, auch da sich die britische Wirtschaft zuletzt abgeschwächt hat, was das britische Pfund belastet.